Informelle Malerei

 

Auszüge aus der Ansprache des Kunsthistorikers Dr. Klaus Rohrandt anlässlich der Ausstellungseröffnung des AVS-KUNSTKREISES „Karl-Heinz Kock zum 75ten“ am 02.02.2014 im Wenzel-Hablik-Museum Itzehoe:

 

Im Nachkriegsdeutschland war die figürliche Malerei durch die nationalsozialistische Ideologie kontaminiert. Es wurde ein Neuanfang in neuen Bildwelten gesucht. Das Individuelle sollte an die Stelle der bisher erzwungenen Uniformität treten. Die seit Mitte der 40er Jahre in Paris entwickelte Internationale Stilrichzung Informell (Kunst der Nichtform oder Kunst ohne Form) erreichte in Deutschland als Tachismus bzw. deutsches Informel in den 50er und 60er Jahren ihren Höhepunkt. Auf der dokumenta II in Kassel waren 1959 die namhaftesten deutschen Repräsentanten vertreten.

In dieses absolut neue, vielfältig künstlerische Spannungsverhältnis einer überwiegend gegenstandslosen Kunst tauchtest Du als junger Student ein und wurdest nachhaltig geprägt, wurdest selbst zum Protagonisten der informellen Malerei,  wie man Deinen Werken bis heute entnimmt. Ihr sucht nicht mehr das individuelle Naturerlebnis als Anstoß zur künstlerischen Wirklichkeitserfahrung und verfolgt nicht die malerische Nachgestaltung der Natur. Im Mittelpunkt Eurer Tätigkeit stehen die Auflösung gegenständlicher Formen in Bildelemente sowie eine neue Formwerdung  in abstrahierten Bildordnungen. Ihr wollt ästhetische Strukturen erzeugen und diese weiterentwickeln und mit ihnen experimentieren. Farbe und Malmaterialien werden zunehmend autonom eingesetzt. Der spontane, zufallsgesteuerte Arbeitsprozess folgt teilweise dem Unbewussten.Psychische Zustände sollen dadurch visualisiert werden.

Ihr verachtet die  traditionellen Motiveffekte und fordert, dass sich der Betrachter aktiv an der Bildwerdung durch ästhetische Reflexion beteilige. Jenseits des Konsumierens mit flüchtigem Blick soll der Betrachter geduldig sehen lernen, Strukturen erkennen, Komposition wahrnehmen. Ein Bild kann nach Eurer Meinung allein aus dem kompositionellen Zusammenspiel seiner Details – der bildnerischen Mittel und der Farbe - erfasst werden. Der Betrachter muss bereit sein, vor Euren Gemälden eigene Gedanken und Gefühle zu assoziieren, Ihr  als Künstler bereitet dazu den Anlass. Die Malerei an sich erhebt sich zum Inhalt des Bildes.                  

In diesem Geist stellst Du in einem Katalogbeitrag aus dem Jahre 1975 nüchtern fest: „Meine Arbeiten … sollen dem Betrachter keine verinnerlichten oder hintergründigen Sinngehalte vermitteln, sondern wollen ‚nur‘ als Bild gelten. Es sind Gestaltungen aus optischen und bildnerischen Mitteln, aus Formen, Farben und Materialien. Dieses Gestalten nach nur-bildnerischen Kriterien hat zur Konsequenz, daß ich das Gegenständliche völlig negiere, um ganz frei zu sein für die Komposition. Jedes Bild ist in sich geschlossen und ‚gebaut‘. Es will nichts aussagen, sondern in sich stimmen. Ausgangspunkt eines Bildes ist entweder ein gesehener Umweltausschnitt, der mich in Form, Farbe oder Struktur anspricht und zum Verarbeiten reizt oder es sind – meistens – freie Kompositionen, die sich aus dem Umgang mit den bildnerischen Mitteln ergeben. Mein Ziel ist, die Elemente harmonisch zu ordnen unter Erzeugung bzw. Erhaltung von verschiedenen sich steigernden Farb-, Form- oder Struktur-Kontrasten.“